Geschäftsbericht 2019

Schweden

Nach mehreren Jahren des Aufschwungs verlangsamt sich auch in Schweden das Wirtschaftswachstum. Laut jüngster Prognose des Konjunkturinstitutet, dem Nationalen Institut für Wirtschaftsforschung (NIWF), wird das BIP im Jahr 2019 um voraussichtlich 1,1% steigen. Vor allem die nachlassende Nachfrage aus dem Ausland und die entsprechend schwache Entwicklung der Unternehmensinvestitionen bremsen das Wachstum. 2020 dürfte die Entwicklung des BIP aufgrund des schleppenden Exportwachstums und eines erwarteten Anstiegs der Arbeitslosenquote schwach bleiben. Sowohl die weiterhin akkommodierende Geldpolitik als auch die leicht expansive Fiskalpolitik dürften jedoch das Wachstum stützen. Das NIWF erwartet daher für 2020 einen BIP-Anstieg von 1,0%, der 2021 mit 1,5% wieder spürbarer ausfallen soll.

Aufgrund des relativ schwachen Nachfragewachstums werden die Unternehmen ihre Belegschaft kaum erweitern müssen, insbesondere nicht im verarbeitenden Gewerbe. Die negative Nettokreditvergabe im kommunalen Sektor wird auch die Beschäftigung im öffentlichen Sektor belasten, die in absehbarer Zeit nur langsam zunehmen wird. Da die Erwerbsbevölkerung in den nächsten Jahren dennoch weiter wachsen wird, dürfte die Arbeitslosigkeit nach 6,8% im Jahr 2019 auf 7,2% im Jahr 2020 bzw. 7,4% im Jahr 2021 ansteigen. Sowohl die Vertrauensindikatoren der Verbraucher als auch der Unternehmen liegen in der Konjunkturtendenz unter dem normalen Niveau. Das spiegelt sich zum einen in einem geringeren Anstieg des privaten Konsums als in den Vorjahren wider, der im Jahr 2019 bei 1,0% lag. Zum anderen ist die Wirtschaftsstimmung auf ähnlich niedrigem Niveau wie zu Zeiten der Euro-Krise. Da die privaten Haushalte jedoch von Steuersenkungen und einer leicht niedrigeren Inflation profitieren werden, geht das NIWF vom Anstieg des privaten Konsums um 1,9% im Jahr 2020 und 1,7% im Jahr 2021 aus. Während die Investitionen des verarbeitenden Gewerbes weiter zurückgegangen sind, haben die Investitionen im Dienstleistungssektor zugenommen. Auch die Wohnungsbauinvestitionen entwickelten sich leicht positiv nach einem Rückgang über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr. Dennoch haben die Investitionen keinen positiven Beitrag zum BIP-Wachstum geliefert, was bei der Abschwächung der wirtschaftlichen Entwicklung eine natürliche Konsequenz ist. Der Staat hingegen steigert weiterhin seine Investitionen, vor allem in Bildung und Infrastruktur.

Die anhaltende Schwäche der schwedischen Krone konnte den Export weiter beflügeln, der 2019 um voraussichtlich 4,6% gewachsen ist; die Importe stiegen um 2,1% und die Außenhandelsbilanz veränderte sich um +1,2% des BIP zum Vorjahr. Für 2020 rechnet das NIWF aufgrund der weltwirtschaftlichen Anspannungen mit einem nahezu ausgeglichenen Außenhandelssaldo, der 2021 wieder zugunsten der Exporte leicht auf 0,6% ansteigen dürfte.

Die Inflationsrate (CPIF) bleibt 2019 mit 1,7% weiterhin unter dem 2%-Ziel der schwedischen Notenbank (Riksbank) und wird nach Berechnungen des NIWF 2020 und 2021 mit 1,6% bzw. 1,5% eher noch leicht sinken. Dennoch hat sich die Riksbank im Dezember 2019 dazu entschlossen, entgegen dem internationalen Trend ihre Geldpolitik zu straffen und den Zins von -0,25% auf 0,00% anzuheben. Damit verlässt der Leitzins erstmals seit fünf Jahren den Negativbereich und soll voraussichtlich auch in den nächsten Jahren an der Null-Linie verbleiben.

Der schwedische Wohnungsmarkt steht spürbar unter Druck, berichtet der schwedische Verband der kommunalen Wohnungsunternehmen Sveriges Allmännytta. Die Bevölkerung ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen und wird voraussichtlich weiterhin wachsen. Das Neubaugeschehen blieb derweil hinter dem Bevölkerungszuwachs zurück. In weiten Teilen des Landes und insbesondere in den Metropolregionen herrscht Wohnungsmangel. Laut der Wohnungsmarktumfrage 2019 von Boverket, dem schwedischen Amt für Wohnungswesen, Bauwesen und Raumordnung, melden 240 von 290 Gemeinden Mangel an Wohnraum. Das Angebot an Mietwohnungen muss ausgeweitet werden und es fehlen insbesondere Wohnungen für Haushalte mit niedrigen Einkommen und solche, die aus anderen Gründen eine schwache Position auf dem Wohnungsmarkt haben. Der Wohnungsbau wird in vielen Gemeinden durch hohe Baukosten begrenzt, aber auch durch die Schwierigkeiten für Privatpersonen, Kredite zu erhalten.

So stiegen nach Angaben des Statistischen Amts in Schweden die Mieten 2019 im Durchschnitt um 1,9%. Das war der höchste Anstieg seit 2013. Die Mieten dürften auch weiterhin steigen; darauf deuten die ersten durch „Hem & Hyra“, der Mitgliederzeitung des schwedischen Mieterverbands (Hyresgästföreningen), veröffentlichten Ergebnisse aus den Mietverhandlungen für das Jahr 2020 hin. Laut Swedbank ist der Markt für Wohneigentum wieder im Aufwärtstrend und die Preise steigen wieder. Der Valueguards HOX-Preisindex für die Preisentwicklung typischer Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser lag entsprechend im Dezember 2019 4,5% höher als zwölf Monate zuvor. Die Preise für Wohneigentum nähern sich laut Boverket wieder dem Niveau, auf dem sie vor dem plötzlichen Preisrückgang im 4. Quartal 2017 lagen. Die damalige Entwicklung, welche laut Europäischer Kommission hauptsächlich von einer Schwäche im Segment der Mieter-Eigentümer-Wohnungen getrieben wurden, dürfte unter anderem Folge von strengeren Vorschriften zur Immobilienfinanzierung als auch des größeren Neubauangebots sein, das laut Immobiliendienstleister Newsec oft in einem zu teuren Marktsegment entsteht. Die Hauspreise könnten nach Ansicht der Swedbank 2020 und 2021 jährlich um 5% steigen.

Nach dem Abkühlen der Hauspreise gingen laut NIWF nach einer langen Phase schnellen Wachstums die Wohnungsbauinvestitionen im Jahr 2018 zurück. Die Zahl der Baustarts hat stark abgenommen: laut Boverket von 68.500 Wohnungen im Jahr 2017 auf 56.200 Wohnungen im Jahr 2018. Seither hat sich die Situation stabilisiert. 2019 wurde mit dem Bau von schätzungsweise 51.000 Wohnungen begonnen und 2020 können es 50.000 werden. Der Rückgang ist laut Zahlen von Boverket vor allem auf Mieter-Eigentümer-Wohnungen konzentriert, während Mietwohnungs- und Einfamilienhausbau gegenüber 2017 weniger starke Rückgänge verzeichneten. Damit bleibt die Bautätigkeit wieder hinter dem aktuellen Bedarf zurück. Boverket rechnet im Hauptszenario der aktuellen Prognose mit einem Baubedarf von jährlich 64.000 Wohnungen bis 2027.

Das ausgeprägte Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage in allen Wohnsegmenten in Verbindung mit einer wachsenden und alternden Bevölkerung bietet laut Jones Lang LaSalle (JLL) Investoren gute Voraussetzungen für stabile, inflationsgebundene Erträge mit guten Potenzialen für Wertsteigerungen. Sowohl klassische Mehrfamilienhäuser als auch Altenpflegeeinrichtungen gehören zu den Asset-Gruppen mit der größten Investorennachfrage. Das hohe Investoreninteresse spiegelt sich auch im Transaktionsvolumen wider. Laut Savills wurden im Jahr 2019 Immobilien im Wert von 219 Mrd. SEK gehandelt. Gemessen am Umsatz bildeten Wohnimmobilien mit einem Transaktionsvolumen von fast 80 Mrd. SEK das größte Segment. Das hohe Volumen ist zum Teil auf die Übernahme des Wohnunternehmens Hembla durch Vonovia zurückzuführen. Dabei ist das Investoreninteresse sowohl für Neubauten als auch für Bestandsobjekte groß. Wegen der günstigen Mietentwicklungspotenziale sind z. B. Wohnungen des Millionen-Programms von Investoren stark nachgefragt. Das Millionen-Programm war ein Bauprogramm der schwedischen Regierung mit dem Ziel, innerhalb von zehn Jahren zwischen 1965 und 1975 rund eine Million neue Wohnungen zu bauen.