Aktuelle Einschätzung wesentlicher Chancen
Beurteilung der inhärenten Chancen im Geschäftsmodell
Vonovia hat im Rahmen der Strategiefestlegung sowie der Kurz- und Mittelfristplanung Ertragspotenziale identifiziert und diese in den Planungen unter Berücksichtigung der entsprechenden Annahmen und Szenarien angemessen verarbeitet. Die Annahmen zur Strategie, den soziologischen wie politischen Megatrends, zum regulatorischen Umfeld, zum Finanzierungsumfeld und zum operativen Geschäft bergen nicht nur die beschriebenen Risiken, es kann sich auch eine über die in der Planung verarbeiteten Annahmen hinaus vorteilhaftere Geschäftsentwicklung für Vonovia ergeben. Diese Chancen können sich daraus ergeben, dass sich strategiebedingte Chancen, umfeld- und marktbezogene Faktoren wie auch das operative Geschäft positiver entwickeln können als in der Unternehmensplanung berücksichtigt.
Strategiebedingte Chancen
Die soziologischen und volkswirtschaftlichen Forschungsdaten unterschiedlichster Institute gehen weiterhin davon aus, dass das Bevölkerungswachstum in Deutschland und Teilen Europas durch Migration anhält. Das zieht eine anhaltende Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum nach sich, wobei auch der Neubau hinter dem Wohnungsbedarf zurückbleiben wird. Die Hauptgründe der Migration, nämlich politische und gesellschaftliche Krisen, fehlende Zukunftsaussichten sowie kriegerische Auseinandersetzungen bis hin zu klimawandelinduzierten Faktoren in den Herkunftsländern bleiben auf lange Sicht erhalten. Hier ist Vonovia als bedeutender Wohnungsanbieter auch durch entsprechende flankierende Quartiersentwicklungen im Rahmen der Integration gefragt.
Der Nachfrage nach Wohnraum muss durch konsequente Angebotserhöhung im Wege des Neubaus begegnet werden. Hierzu ist in erster Linie die Politik gefordert, investitionsfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Zusätzliche Chancen ergeben sich daraus für Development-, Neubau- und Aufstockungsprojekte, durch die Vonovia einen Beitrag zur Minderung der Wohnungsknappheit leisten kann.
Ein positives Investitionsklima zu schaffen, bedeutet auch die Bereitstellung zusätzlichen Baulands und die Förderung der Akzeptanz privatwirtschaftlicher Immobilieninvestoren. Unterstützend besteht nach allgemeinem Verständnis die Notwendigkeit, Regulierung abzubauen, insbesondere durch Verschlankung von Bau- und Genehmigungsvorschriften. Das Investitionsklima könnte auch durch eine im Klimawandel begründete steigende Akzeptanz von Modernisierungsmaßnahmen gefördert werden.
Mit Blick auf die Internationalisierungsstrategie könnten sich durch eine weitergehende Deregulierung der Wohnungsmärkte in anderen europäischen Ländern, beispielsweise Frankreich, weitere Chancen durch ein Engagement ergeben, soweit sich dadurch vergleichbare, unseren Akquisitionskriterien entsprechende Rahmenbedingungen ergeben würden. Aber auch weitere Akquisitionsoptionen in Schweden und Österreich könnten die Geschäftsentwicklung positiv beeinflussen. Opportunistische Akquisitionen innerhalb der Wertschöpfungskette insbesondere mit Blick auf das Value-add-Geschäft können zusätzliche Ertragspotenziale eröffnen.
Umfeld- und marktbezogene Chancen
Die Wohnungswirtschaft wird derzeit in erheblichem Maße von verschiedenen gesellschaftlichen und technologischen Megatrends beeinflusst. Auf Basis der Analysen des Statistischen Bundesamts ist zu erwarten, dass die Binnenmigration aus ländlichen Regionen in die großen Ballungszentren in den 2020er-Jahren unverändert anhalten wird. Die dadurch verursachte urbane Wohnungsknappheit könnte zusätzlich noch durch Zuwanderungseffekte aus den weltweiten Krisenregionen und die Tendenz zu kleineren Haushaltsgrößen verstärkt werden. Dies führt dazu, dass laut des Instituts der Deutschen Wirtschaft in der ersten Hälfte des Jahrzehnts jährlich bis zu 283.000 Wohnungen fehlen könnten. Diese Entwicklungstendenz könnte dem Immobilienbestandsportfolio von Vonovia zu Gute kommen, das sich vor allem auf kleine und mittlere Wohnungsgrößen in den Metropolregionen konzentriert. Der zunehmenden Verknappung von bezahlbarem Wohnraum kann Vonovia aktiv durch sein Development- und Neubaugeschäft entgegenwirken. Eine Verschlankung der behördlichen Rahmenbedingungen sowie die Bereitstellung von mehr Bauland stellen zusätzliche Chancen für das Development- und Neubaugeschäft dar.
Die Urbanisierungstendenz wird den Wohnungsmarkt jedoch nicht nur vor quantitative Herausforderungen stellen, sondern auch vor integrative Herausforderungen, denen Vonovia mit entsprechend zusätzlichen Quartiersentwicklungen begegnen kann und muss. Hierbei ist insbesondere der demografische Wandel hin zu einer alternden Gesellschaft anzuführen. Dieser Wandel führt dazu, dass die Nachfrage nach altersgerechtem und bezahlbarem Wohnraum in den kommenden Jahren stetig zunehmen dürfte. Es könnten sich daher Chancen aus der altersgerechten Modernisierung und der Investition in neue innovative Wohnkonzepte ergeben.
Der in diesem Geschäftsjahr medial präsenteste Megatrend war sicherlich der Klimaschutz. Dabei ist die Fridays-for-Future-Bewegung nur das Spiegelbild eines seit Jahren voranschreitenden, tief greifenden Wandels in der Gesellschaft. So halten laut einer forsa-Umfrage derzeit 36% der Deutschen den Klimaschutz für das drängendste und wichtigste Problem in Deutschland. In diesem Marktumfeld könnte sich der bereits sehr frühzeitig festgelegte Fokus auf energetische Sanierungen als vorteilhaft erweisen. Schließlich können aktuell fast ein Drittel der CO2-Emissionen in Deutschland auf Immobilien zurückgeführt werden. Darüber hinaus sieht sich Vonovia aber auch in der Rolle des Innovationstreibers. So soll im Geschäftsjahr 2020 z. B. ein Zentrum zur Erforschung der dezentralen Energienutzung in Zusammenarbeit mit dem Open District Hub e. V. der Fraunhofer-Gesellschaft entstehen, aus dem sich Vonovia mittelfristig Erkenntnisse zur möglichst klimaneutralen Energieversorgung des Immobilienbestands erhofft. Zur Unterstützung dieses Prozesses wurde im Geschäftsjahr 2019 außerdem das „1.000 Dächer“-Programm zur dezentralen Energieerzeugung initiiert, in dessen Rahmen bereits weit über 200 Photovoltaik-Anlagen betrieben werden.
Ein sich verstärkendes Umweltbewusstsein könnte dazu führen, dass die Marke Vonovia wegen der energetischen Modernisierung zukünftig zunehmend positiv besetzt wird und dass Menschen energetisch vorteilhafte Wohnungen von Vonovia verstärkt nachfragen. Diese Art von Akzeptanz von Modernisierung unterstützt Vonovia bei den Bemühungen, die Bestände weiterhin nachhaltig und zeitgemäß zu modernisieren; dies immer unter Berücksichtigung der sozialen Selbstverpflichtungen, die im Geschäftsverständnis zum Ausdruck kommen. Schließlich wirkt auch der Megatrend der Digitalisierung auf die Immobilienwirtschaft. Nahezu jede Studie betont das erhebliche Potenzial dieses Trends. Gleichzeitig weist der Zentraler Immobilien Ausschuss e. V. (ZIA) darauf hin, dass trotz einer bereits ausgeprägten Fokussierung auf das Thema in der Immobilienwirtschaft weiterhin erhebliche Effizienzgewinne durch Investitionen in digitale Geschäftsmodelle möglich sind. Vonovia investiert daher konsequent in die Erprobung und den Ausbau neuer Technologien.
So könnten im Sinne von Predictive Maintenance zukünftig Schäden, beispielsweise an Aufzügen oder Heizungen, abgewendet werden, bevor sie überhaupt entstehen. Smart-Home-Systeme könnten dafür sorgen, dass Mieter ihre Energiekosten bewusst steuern. Und digitale Kommunikationsplattformen könnten den Dialog mit den Mietern verbessern. Die Einführung der Mieter-App im Geschäftsjahr 2019 sollte daher lediglich als Startschuss für die Digitalisierungsoffensive von Vonovia betrachtet werden. Akquisitionsmöglichkeiten entlang der Wertschöpfungskette zur weiteren Implementierung digitaler Lösungen innerhalb der Prozesse, aber auch an den Schnittstellen, können für Vonovia hier weitere Ertragspotenziale eröffnen.
Die Digitalisierung könnte auch außerhalb von Vonovia weitere Chancen eröffnen. Eine Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung könnte die angemahnte Verschlankung von Verwaltungs- und insbesondere Genehmigungsprozessen fördern und so beispielsweise durch schnellere Genehmigung von Bauanträgen das Development- und Neubaugeschäft von Vonovia positiv beeinflussen.
Chancen aus der operativen Geschäftstätigkeit
Mit den 2018 getätigten Akquisitionen BUWOG und Victoria Park hat Vonovia begonnen, die Geschäftsaktivitäten in attraktiven europäischen Auslandsmärkten auszuweiten. Zudem haben wir 2018 eine erste Beteiligung in Frankreich erworben. Im Berichtsjahr 2019 konnte durch die Akquisitionen des Akelius-Portfolios und Hembla die Expansion in Schweden fortgesetzt werden. Durch die weitere Fortführung dieser Strategie können sich weitere Wachstumschancen in Schweden und Österreich sowie auch in anderen europäischen Ländern ergeben.
Durch den möglichen Erwerb größerer Portfolios in Deutschland, aber auch durch gezielte kleine, sogenannte taktische Akquisitionen von einzelnen oder mehreren Gebäuden an spezifischen Standorten sowie durch gezielte Maßnahmen im Wohnumfeld sehen wir weiterhin die Chance, ganze Wohnquartiere in ihrer Art und Qualität zu verbessern und damit den Wohnwert für unsere Kunden und die Wertentwicklung unserer Wohnimmobilien zu erhöhen.
Vonovia bewirtschaftet seine Wohnungsbestände bundesweit mit standardisierten Systemen und Prozessen. Die Akquisition weiterer Immobilienportfolios bietet somit die Chance, einen zusätzlichen Wertbeitrag durch Skaleneffekte bei der Bewirtschaftung zu erzielen, indem die Kosten bezogen auf eine einzelne Wohnung reduziert werden können. Dies gilt analog auch für den entsprechenden Know-how-Transfer aus dem Bewirtschaftungssegment, dem Segment Value-add und aus dem Developmentsegment in andere europäische Zielmärkte. Mit dem Segment Development gibt Vonovia eine Antwort auf die drängende Herausforderung, bezahlbaren Wohnraum in zentralen Lagen anzubieten. Auf der Basis der langjährigen Projektentwicklungserfahrungen des BUWOG-Teams werden wir an wachstumsstarken Standorten wie Berlin, Wien oder Hamburg weitere zeitgemäße und nachhaltige Immobilien entwickeln und damit unser Developmentgeschäft weiter ausbauen. Die Ausweitung des Developmentgeschäfts in andere Metropolregionen, auch unterstützt durch opportunistische Übernahmen, kann dabei weitere Ertragspotenziale erschließen. Die Bereitstellung zusätzlichen Baulands und der Erwerb entsprechend zusätzlicher Bauflächen kann das Developmentgeschäft insgesamt positiv beeinflussen. Die Verschlankung und Deregulierung behördlicher Prozesse könnte die Entwicklung des Developmentgeschäfts zusätzlich unterstützen. Vonovia sieht weiterhin Chancen darin, den Neubau und das Developmentgeschäft durch Modulbau, seriellen Bau oder andere innovative Bauvarianten effizienter und kostengünstiger zu gestalten.
Unsere eigene Handwerkerorganisation erbringt heute bereits einen Großteil der Reparatur-, Instandhaltungs- und Wartungsleistungen für unsere Wohnimmobilien. Dabei weiten wir kontinuierlich den Anteil der Eigenleistung durch unsere Handwerkerorganisation bei Gebäude- und Wohnungsmodernisierungen sowie den Bau neuer Gebäude aus. Wir beabsichtigen insbesondere aufgrund des Fachkräftemangels und der Verfügbarkeit entsprechender Kapazitäten, diesen Leistungsumfang auf alle Arten von technischen Maßnahmen zu erweitern und damit die Wertschöpfung aus diesen Leistungen zu Vonovia zu überführen. Ebenso arbeiten wir an neuen Baukonzepten, um sowohl einen hoch standardisierten, seriellen Modulneubau als auch einen flexibel, individuell skalierbaren Neubau zu ermöglichen, der je nach örtlichen Gegebenheiten variabel einsetzbar ist. Dies wird durch entsprechende personalwirtschaftliche Konzepte unterstützt.
Gezielte Modernisierungsmaßnahmen in eigenen Wohnungen, die wir unseren Mietern optional anbieten, geben uns die Möglichkeit, die Zufriedenheit unserer Kunden zu erhöhen und sie länger an uns zu binden. Zudem können wir hierdurch die Qualität des von uns angebotenen Wohnraums weiter steigern.
Ende 2019 versorgen wir rund 298.000 Haushalte direkt mit einem Kabel-TV-Signal. Wir erwarten, dieses Geschäft in den nächsten Jahren noch weiter auszuweiten und um die Versorgung mit breitbandigem Datenzugang erweitern zu können.
Der Ausbau des Smart-Submetering, der funkbasierten Heizkostenerfassung geht planmäßig voran. Bis Ende 2019 wurde die Umrüstung von über 190.000 Wohnungen beauftragt. Wir planen, diese Geschäftstätigkeit in den nächsten Jahren in unserem Bestand weiter auszubauen.
Im Bereich der Energielieferung, das heißt beim Vertrieb von Strom und Gas, haben wir im Geschäftsjahr 2019 unser Angebot weiter ausgebaut. Dieses wird gut vom Markt angenommen. Im Geschäftsjahr 2019 wurden 15.930 private Stromkunden mit 24 GWh Strom und 2.220 private Gaskunden mit 13 GWh Gas beliefert. Wir erwarten, dass sich hier weitere Chancen durch die Ausweitung des Geschäftsvolumens ergeben.
Finanzielle Chancen
Vonovia hat in den vergangenen Jahren von günstigen Konditionen am Kapital- und Bankenmarkt profitiert. Anhaltend niedrige Inflationsraten sowie die zuletzt zu verzeichnende Abschwächung der konjunkturellen Entwicklung stärken die Aussicht, dass das attraktive Zinsumfeld in Europa auch mittelfristig Bestand hat. Gemeinsam mit unserer seit vielen Jahren verfolgten Diversifizierungsstrategie bei der Liquiditätsbeschaffung bietet sich die Chance zur fortlaufenden Optimierung der Struktur und der Konditionen unserer finanziellen Verbindlichkeiten.
Eine Stärkung unseres Marktanteils in den Metropolregionen unserer Zielmärkte könnte sich positiv auf die Risikoeinschätzung unserer Kapitalgeber und Rating-Agenturen auswirken und somit unsere attraktiven Finanzierungskonditionen weiter verbessern.
Unsere Investments in bezahlbaren Wohnraum sind mit einem weitestgehend konjunkturunabhängigen Cashflow verbunden. Die damit verbundene Stabilität bietet uns die Chance, unsere finanziellen Verbindlichkeiten auch in Zeiten ökonomischer oder politischer Krisen vergleichsweise sicher erfüllen zu können.