Aktuelle Risikoeinschätzung
Im Geschäftsjahr 2019 erfolgte jeweils im 1. und 2. Halbjahr eine planmäßige Risikoinventur. Im 2. Halbjahr 2019 wurde die Risikoinventur durch umfangreiche Risiko-Workshops begleitet. Im 2. Halbjahr 2019 wurden die im Abschnitt Änderungen im Risikomanagementsystem beschriebenen Änderungen erstmals angewandt. Das daraus abgeleitete Risiko-Reporting wurde dem Vorstand und dem Prüfungsausschuss vorgelegt. Außerplanmäßige Ad-hoc-Risikomeldungen gab es im Geschäftsjahr 2019 nicht.
Im 2. Halbjahr 2019 wurden für Vonovia insgesamt 93 Einzelrisiken erfasst. Gegenüber 2018 ist dies ein deutlicher Rückgang um 48 Risiken. Der Rückgang ist im Wesentlichen auf die im 2. Halbjahr 2019 erfolgte Änderung der oben beschriebenen Wertgrenzen sowie auf eine Aggregation von Risiken insbesondere im operativen Geschäft zurückzuführen.
Gesamteinschätzung der Risikosituation
Im Interesse der wesentlichen Interessengruppen Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten, Kapitalgeber und der Gesellschaft als solche verfolgt Vonovia eine konservative, auf Sicherheit und Nachhaltigkeit ausgelegte Strategie. Zudem sichern sowohl das Geschäftsmodell als auch die verwendeten diversifizierten Kapitalmarktinstrumente von Vonovia eine weitestgehende Unabhängigkeit von konjunkturellen Schwankungen.
Die Strategie bestimmt auch das Risikoprofil des Unternehmens. Insgesamt stellt sich das Ergebnis der Risikobewertung im 2. Halbjahr 2019 wie folgt dar: In den 93 identifizierten Einzelrisiken sind keine für das Unternehmen existenzgefährdenden oder bedrohlichen Risiken enthalten. Es wurden fünf bedeutsame Risiken für das Unternehmen sowie 88 weitere Risiken ermittelt.
Somit sieht der Vorstand von Vonovia zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts keine Risiken im Zusammenhang mit der zukünftigen Geschäftsentwicklung, denen das Unternehmen nicht in angemessener Weise entgegenwirken kann oder die sich bestandsgefährdend auf die Ertrags-, Vermögens- und/oder Finanzlage der Vonovia SE, eines wesentlichen einbezogenen Unternehmens oder des Konzerns auswirken könnten.
In der zuvor erläuterten Heatmap ergibt sich zusammengefasst folgendes Bild der identifizierten Nettorisiken zum Jahresende 2019:
Das als sehr wahrscheinlich eingestufte gelbe Risiko betrifft das Risiko des Inkrafttretens des „Gesetzes zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung“ des Berliner Senats (Berliner Mietendeckel).
Die als unwahrscheinlich eingestuften gelben Risiken betreffen das bilanzwirksame Risiko Zukünftige Marktentwicklung führt zu einer Abwertung der Immobilien sowie das ertragswirksame Risiko Sich verschlechternde Marktsituation auf dem Wohnungsmarkt bzgl. Verkauf von Wohnungen.
Die als sehr unwahrscheinlich eingestuften gelben Risiken betreffen die ertragswirksamen Risiken Einführung eines Mietendeckels analog des Berliner Mietendeckels auf Bundesebene und Nichteinhaltung von Verpflichtungen (aus Anleihen, gesicherten Darlehen, Transaktionen).
Für die vier Hauptrisikokategorien des Unternehmens ergibt sich im Detail folgendes Bild.
Risiken aus der Strategie
Die Strategie von Vonovia ist im Kapitel Strategie beschrieben. Aus dieser Strategie heraus ergeben sich aus Sicht des Vorstands keine bedeutsamen, bedrohlichen oder gar existenzgefährdenden Risiken.
Insgesamt wurden für diese Risikokategorie sechs Risiken mit nicht wesentlicher Auswirkung auf die Geschäftsentwicklung von Vonovia erfasst. Diese ergeben sich insbesondere aus der Strategie der opportunistischen Akquisitionen und aus der Strategie der Entwicklung neuer Geschäftsfelder.
Risiken aus Regulierung und gesetzlichen Rahmenbedingungen
Die gesetzlichen Regelungen zur Festsetzung von Miethöhen haben für die Geschäftsentwicklung von Vonovia eine hohe Bedeutung. So ergeben sich aus den Initiativen der jüngeren Vergangenheit zur Mietenregulierung konkrete Risiken.
Das vom Berliner Senat eingebrachte Gesetz zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung sehen wir derzeit als größtes regulatorisches Risiko für Vonovia. Der Gesetzentwurf wurde am 30. Januar 2020 vom Berliner Abgeordnetenhaus beschlossen und im Februar 2020 veröffentlicht. Wir halten das Gesetz in seiner aktuellen Fassung für verfassungswidrig, gehen aber davon aus, dass es zunächst Bestand haben wird. Daher halten wir es für sehr wahrscheinlich, dass dieses Risiko eintritt und haben die Auswirkungen des Gesetzes in unsere Unternehmensplanung aufgenommen, auch wenn wir sie angesichts unseres vergleichsweise kleinen Portfolioanteils in Berlin (rund 10% des Gesamtportfolios) und aufgrund von Kompensationsmöglichkeiten als gering einschätzen.
Zudem besteht das Risiko, dass andere Bundesländer, in denen Vonovia einen relevanten Anteil des Portfolios hat, oder sogar der Bund eine vergleichbare Regulierung einführen. Dieses Risiko hätte eine sehr hohe Auswirkung auf Vonovia. Wir schätzen es aber als sehr unwahrscheinlich ein und gehen davon aus, dass sich die Gesetzgebung zum Mietendeckel auf Berlin beschränken wird.
Neben den Risiken aus den gesetzlichen Vorgaben zur Mietenfestsetzung gibt es eine Reihe von Risiken aus möglichen Änderungen in den gesetzlichen Rahmenbedingungen, die für unser Geschäft relevant sind. So können Änderungen in den steuerlichen Vorschriften zu einer höheren laufenden Steuerbelastung führen. Ebenso können Änderungen in der Umlagefähigkeit von Betriebs- und Nebenkosten zu einem höheren Aufwand in der Immobilienbewirtschaftung bzw. zu einem geringeren Ertrag in unseren Value-add-Geschäften führen. Die Auswirkungen dieser Risiken schätzen wir als nicht wesentlich ein.
Um mögliche Änderungen an den gesetzlichen Rahmenbedingungen frühzeitig zu erkennen, hält Vonovia aktive Dialoge mit Politikern und anderen Stakeholdern. Darüber hinaus ist Vonovia in Verbänden tätig und beobachtet regelmäßig die Gesetzgebungsverfahren sowie die aktuelle Rechtsprechung.
Weiterhin besteht das generelle Risiko, dass Vonovia bestehende gesetzliche Vorgaben nicht einhält bzw. diese durch die Gerichtsbarkeit anders ausgelegt werden. Dieses Risiko schätzen wir aber als durchgehend sehr unwahrscheinlich ein.
Insgesamt wurden 25 Risiken erfasst, die sich aus möglicher Regulierung sowie aus anderen gesetzlichen Rahmenbedingungen ergeben. Bis auf die beschriebenen zwei Risiken zur Mietenregulierung haben alle Risiken eine nicht wesentliche Auswirkung auf die Geschäftsentwicklung von Vonovia.
Risiken aus dem operativen Geschäft
Für Vonovia können unterschiedlichste Risiken in der Ausübung der Geschäftstätigkeit entstehen. Wesentliche Risiken ergeben sich dabei nur aus einer sich verschlechternden Marktentwicklung für Wohnimmobilien.
So kann ein marktbedingter Rückgang der Immobilienwerte zu einer nichtliquiditätswirksamen Abwertung der Verkehrswerte des Vonovia Portfolios im Rahmen der Fair-Value-Bewertung führen. Vonovia tritt diesem Risiko durch eine Standortdiversifizierung des Portfolios entgegen. Damit wird die Abhängigkeit von lokalen Marktentwicklungen reduziert.
Weiterhin kann eine negative Marktentwicklung die Möglichkeiten für den Verkauf von Wohnungen und Gebäuden verschlechtern. Um dieses Risiko zu überwachen, hat Vonovia einen stringenten Prozess zur Verkaufspreisfestsetzung etabliert. Absatzmengen, Preise und Margen werden zudem regelmäßig an das Management berichtet, sodass kurzfristig auf Marktentwicklungen reagiert werden kann.
Neben diesen beiden bedeutsamen Risiken sehen wir aus dem operativen Geschäft heraus nur Risiken, die keine wesentliche Bedeutung für die Geschäftsentwicklung von Vonovia haben. Insgesamt wurden 49 Risiken erfasst, die sich aus dem operativen Geschäft ergeben.
So können sich im Portfolio von Vonovia aufgrund unzureichender Informationen über die Bauausführung der Gebäude bautechnische Risiken, z. B. aus verbauten Materialien oder dem Brandschutz, ergeben. Dies gilt insbesondere beim Erwerb von Portfolios. Ebenso können sich Risiken aus sich ändernden bautechnischen Regularien ergeben. Vonovia begegnet diesen Risiken mit regelmäßigen Begehungen und Kontrollen in den Beständen, einem sofortigen Abstellen festgestellter Mängel, der Entwicklung und Umsetzung von geeigneten Brandschutzkonzepten sowie der strukturierten Umsetzung geänderter bautechnischer Regularien. Im Rahmen der Integration erworbener Immobilienbestände ist diese Vorgehensweise ebenfalls unmittelbar sichergestellt.
Im Segment Development ergeben sich Risiken über den gesamten Entwicklungszyklus der einzelnen Projekte. Insbesondere sind hier höhere Baukosten, Projektverzögerungen oder eine geringere Nachfrage beim Wohnungsverkauf an Dritte zu nennen. Um diesen Risiken entgegenzuwirken, hat Vonovia detaillierte Due-Diligence-Maßnahmen beim Erwerb von Grundstücken und im Projekt- und Vertragsmanagement etabliert. Darüber hinaus wird eine enge Überwachung der Marktentwicklungen betrieben. Zudem hat Vonovia die Möglichkeit, bei Bedarf Wohnungen, die für den Verkauf an Dritte vorgesehen waren, in das eigene Portfolio zu überführen.
Bei der Entwicklung neuer Geschäftsfelder im Segment Value-add können sich Risiken aus der Konzeptionierung und Umsetzung der Geschäftsmodelle ergeben. Ebenso können sich Marktgegebenheiten wie Beschaffungspreise oder Kundennachfrage anders entwickeln als erwartet. Neben den üblichen Vorkehrungen im Rahmen des internen Kontrollsystems adressiert Vonovia diese Risiken mit einem detaillierten Innovations-Controlling, das klar festgeschriebene Haltepunkte für die Entscheidungsfindung zur weiteren Umsetzung neuer Geschäftsfelder (Stage-gates) vorgibt.
Aktuell sehen wir keine nennenswerten, unmittelbaren Gefahren bedingt durch den Klimawandel, z. B. durch Extremwetterlagen wie Starkregen mit Überschwemmungspotenzial.
Risiken aus Finanzierung
Eine ausgewogene, nachhaltige und auf Sicherheit ausgerichtete Finanzierung sowie der jederzeit umfassende Zugang zu Eigen- und Fremdkapitalmärkten ist von hoher Wichtigkeit für die Geschäftsentwicklung von Vonovia. Diese Ausrichtung spiegelt sich auch in den erfassten Risiken für den Bereich Finanzierung wider.
Mit der Möglichkeit der Nichteinhaltung von Verpflichtungen bei bestehenden Finanzierungen (Covenant) ergibt sich im Bereich Finanzierung nur ein bedeutsames Risiko, das eine sehr hohe Auswirkung haben kann. Aufgrund der Prozesse und Methoden, die Vonovia zur Überwachung dieser Verpflichtungen etabliert hat, erachten wir die Möglichkeit, dass dieses Risiko eintreten kann, als sehr unwahrscheinlich.
Darüber hinaus besteht eine Reihe von finanzierungsbedingten Risiken, die eine nicht wesentliche Bedeutung für die Geschäftsentwicklung von Vonovia haben.
So kann eine ungünstige Zinsentwicklung zu einem dauerhaft höheren Zinsaufwand für Vonovia führen. Mit diversifizierten Fremdkapitalinstrumenten, einem ausgewogenen Fälligkeitsprofil mit einem hohen Anteil festverzinslicher Finanzverbindlichkeiten und einem optimierten Verschuldungsgrad wirkt Vonovia diesem Risiko entgegen.
Weiterhin ist es möglich, dass wir durch das Nichteinhalten von finanziellen Kennzahlen bzw. durch die Beurteilung unserer Marktpositionierung unsere derzeitigen Ratings (S&P: BBB+/Stable/A-; Scope: A-/Stable/A) verlieren. Aufgrund unserer Finanzierungsstrategie und der Voraussetzung bei Akquisitionsentscheidungen, dass das Rating unbeeinflusst ist, erachten wir dieses Risiko als sehr unwahrscheinlich.
Im Rahmen der laufenden Geschäftstätigkeit unterliegt Vonovia auch einem Liquiditätsrisiko. Hierfür haben wir Prozesse für ein umfangreiches Liquiditätsmanagement etabliert. Zudem steht Vonovia jederzeit eine ausreichende Betriebsmittelkreditlinie sowie der Zugang zu kurzfristigen Geldmarktpapieren zur Verfügung. Somit verfügt die Vonovia SE zum Stichtag über ausreichend liquide Mittel und kurzfristige Finanzierungsmöglichkeiten, um jederzeit die Zahlungsfähigkeit aller Konzerngesellschaften zu gewährleisten.