Geschäftsbericht 2019

Brief des Vorstands

Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre, sehr geehrte Damen und Herren,

800 Mrd. €. So viel muss die Gesellschaft in Deutschland in den nächsten zehn Jahren investieren, wenn sie alle ihre Ziele für den Wohnungsmarkt erreichen will. Das hat der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. ermittelt. Zu den wichtigsten Zielen gehören die energetische Sanierung und der Neubau, das altersgerechte Wohnen und die Integration. Das entspricht dem 2,2-fachen des deutschen Bundeshaushalts 2020.

Der Staat allein wird das nicht schaffen. Er braucht Partner wie uns, Vonovia. Wir tragen eine gesellschaftliche Verantwortung – dazu stehen wir. Dabei gehen wirtschaftlicher Erfolg und gesellschaftliche Verantwortung für uns Hand in Hand.

Denn klar ist auch: Nur, weil wir ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen sind, können wir uns an der Lösung der gesellschaftlichen Aufgaben beteiligen. Wir haben in Deutschland im vergangenen Jahr Mieteinnahmen in Höhe von 1,8 Mrd. € erzielt. Wohnungsbezogen haben wir mehr als 2,2 Mrd. € investiert. Mit dem ausgegebenen Geld haben wir im Sinne der gesellschaftlichen Ziele auch den Wohnwert verbessert und neue Wohnungen gebaut.

Und dennoch können wir Ihnen, verehrte Aktionärinnen und Aktionäre, in diesem Jahr wieder eine attraktive Dividende ausschütten. Das ist möglich, weil unser Geschäftsmodell auf einer soliden und breiten Basis steht und als Ganzes erfolgreich ist.

Dass der Staat rahmensetzend in die Mietentwicklung auf dem Wohnungsmarkt eingreift, betrachten wir als grundsätzlich richtig. Wohnen gehört zu den Grundbedürfnissen des Menschen. Und ein bezahlbares Zuhause zu haben, ist Voraussetzung dafür, dass jeder Einzelne am sozialen Miteinander teilnehmen kann.

Was aber ist die richtige Rahmensetzung? Der aktuelle Mietendeckel in Berlin ist es nicht. Das zeigen Beispiele wie London oder New York, wo sich selbst Gutverdienende keine Wohnung mehr leisten können. Ein guter Rahmen erhält – und öffnet – den Unternehmen die Möglichkeit, sich an der langfristigen Entwicklung der Städte sinnvoll zu beteiligen. Denn was wir in den Städten im Moment vor allem brauchen, sind mehr Wohnungen sowie Akteure, die ihn wirtschaftlich realisieren können. Der Mietendeckel wird in Berlin den Bau bezahlbarer Wohnungen erschweren. Und auch die dringend benötigten Investitionen in energieeffiziente Modernisierung und altersgerechten Umbau werden hier künftig eher ausbleiben.

Dennoch tragen wir auch in Berlin den politischen Weg mit. So haben wir hier im vergangenen Jahr freiwillig von Mieterhöhungen abgesehen und dadurch auf Mieteinnahmen verzichtet. Auf unsere Gesamteinnahmen gesehen ist dieser Betrag überschaubar. Aber er ist ein Signal: Wir kommen unserer gesellschaftlichen Verantwortung nach – in dem Vertrauen, dass auch Sie, verehrte Aktionärinnen und Aktionäre, unseren auf langfristige gesellschaftliche Tragfähigkeit ausgerichteten Weg mitgehen.

Wir haben 2019 in einem Geschäftsverständnis festgehalten, wie wir unsere gesellschaftliche Aufgabe verstehen und welchen Beitrag wir leisten wollen und können. Mit diesem Kodex nehmen wir uns selbst in die Pflicht. Wir wollen uns die gesellschaftliche Akzeptanz für unser Handeln erarbeiten. Dabei holen wir die Menschen dort ab, wo sie stehen. Zum Beispiel im Bereich Klimaschutz: Wenn ein Teil unserer Kundinnen und Kunden die Mehrkosten aus einer sinnvollen Modernisierung im Moment so nicht mittragen will, müssen wir andere Wege zur CO2-Reduzierung finden. Die Unterstützung der E-Mobilität zum Beispiel oder das Angebot von Strom aus regenerativen Energien. Und wenn bei unseren älteren Kundinnen und Kunden die Sorge besteht, dass sie ihre Mieten nicht mehr bezahlen können, dann finden wir Lösungen wie die Ü70-Regelung. Mit ihr sichern wir unseren Kundinnen und Kunden über 70 Jahren zu, dass sie in ihrer Wohnung bleiben können.

Arnd Fittkau, Rolf Buch, Helene von Roeder und Daniel Riedl (Foto)
von links nach rechts: Arnd Fittkau — Mitglied des Vorstands (CRO) — Rolf Buch — Vorsitzender des Vorstands (CEO) — Helene von Roeder — Mitglied des Vorstands (CFO) — Daniel Riedl — Mitglied des Vorstands (CDO)

Operativ bleiben wir weiter auf einem guten Weg: Unser Portfolio ist inzwischen räumlich gut ausbalanciert und kann einzelne regionale Schwankungen ausgleichen.

Unsere Investitionen in Modernisierung stiegen 2019 um 10% und die in Instandhaltung um 12%. Gleichzeitig sank unsere Sanierungsquote von 5% auf 4%. Grund ist unsere Selbstverpflichtung, keine Modernisierungen vorzunehmen, die pro Quadratmeter zu mehr als 2 € Mieterhöhung führen. Außerdem haben wir unsere Projekte in Berlin zurückgestellt. An unserer 2017 festgelegten Zielmarke halten wir weiter fest: Im Sinne der Substanzpflege, der Wirtschaftlichkeit und des Klimas werden wir in Deutschland jährlich mindestens 3% unseres Bestands energetisch sanieren.

Im Bereich Neubau konnten wir insgesamt 2.100 Wohneinheiten fertigstellen, 1.200 davon in Deutschland. In den kommenden Jahren werden wir unsere Bautätigkeit deutlich erweitern und in absehbarer Zeit bis zu 12.000 neue Wohnungen bauen. Wie gut wir dabei vorankommen, bestimmen wesentlich die behördlichen Prozesse. Wir sind vorbereitet und können auf unseren Grundstücken zusätzliche Wohnungen bauen. Vorausgesetzt, wir erhalten die Baugenehmigungen.

Nachdem wir mit unserem Bestand in Deutschland eine gute Diversifizierung erreicht haben, verstärken wir nun Schritt für Schritt unser Engagement im europäischen Ausland. Die Gelegenheiten bestimmen dabei das Tempo. Mit dem Portfolio des schwedischen Unternehmens Hembla konnten wir im vergangenen Jahr 21.400 neue Wohnungen in unser Portfolio aufnehmen. Damit ist unser Bestand in Schweden auf 38.000 Einheiten gewachsen. Zusammen mit den 22.500 Einheiten in Österreich liegen inzwischen 14,5% unserer Wohnungen außerhalb Deutschlands.

Die finanziellen Daten entwickelten sich weiter gut: Unser operatives Ergebnis, der Group FFO, stieg um 7,7% auf 1,22 Mrd. €. Er liegt leicht über unserer Prognose. Positiv wirkten sich hier vor allem die Akquisitionen von BUWOG und Victoria Park aus, die mit ihren Ergebnissen erstmals vollständig einflossen. Der Leerstand blieb mit einer Quote von 2,6% weiter sehr niedrig.

Der Verkehrswert des Portfolios erhöhte sich im Stichtagsvergleich deutlich auf 53,3 Mrd. €. Der Nettovermögenswert bzw. Adjusted Net Asset Value kletterte um 21,1% auf 28,2 Mrd. €. Pro Aktie erhöhte er sich um 15,7% auf 51,93 €. Gründe für die erfreuliche Entwicklung sind neben der hohen Wohnungsnachfrage die Zukäufe und die Investitionen in Modernisierung und Neubau. Der Wertanstieg unserer Immobilien betrug 5,3 Mrd. €. Dies zeigt, dass wir mit unserer Portfoliooptimierung erfolgreich waren und sich unsere Wohnungen an den richtigen Standorten befinden.

Gestützt durch den Wertzuwachs hat sich auch unsere Bilanzstruktur weiter verbessert. Das brachte uns bei der Rating-Agentur Scope erstmals ein sehr gutes Rating von A- ein. Der Verschuldungsgrad befindet sich inzwischen bei 43,1% und damit in unserem Zielkorridor. Unsere Fälligkeitsstruktur ist weiterhin ausgewogen bei langfristigen Laufzeiten. Wir konnten problemlos 1 Mrd. € an Eigenkapital aufnehmen. Darüber hinaus haben wir unser breites Spektrum an Finanzierungsinstrumenten mit der Platzierung eines Schuldscheindarlehens per Online-Plattform um eine weitere Möglichkeit ausgebaut. Wir verfügen weiterhin über einen uneingeschränkten Zugang zum Kapitalmarkt, was uns bei einem durchschnittlichen Emissionsvolumen von 3 Mrd. € pro Jahr sehr hilft.

Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre,

nach einem erneut erfolgreichen Geschäftsjahr freuen meine Vorstandskollegen und ich uns darüber, dass wir Ihnen auf der Hauptversammlung am 13. Mai gemeinsam mit dem Aufsichtsrat eine Dividende von 1,57 € pro Aktie vorschlagen können. Zudem wollen wir Ihnen auch dieses Mal, soweit es die Rahmenbedingungen zulassen, parallel die Option einer Aktiendividende anbieten.

Für das laufende Jahr sind wir zuversichtlich, dass wir unseren Weg erfolgreich fortsetzen können. Wir werden mit 1,3 bis 1,6 Mrd. € erneut intensiv investieren. Wir werden mit unserem gewachsenen Portfolio den Group FFO voraussichtlich um 7% ausbauen. Und wir werden uns weiter um die Themen kümmern, die die Gesellschaft bewegen: um den Klimaschutz, die soziale Integration und um neuen und passenden Wohnraum. Uns ist wichtig, dass unsere Kundinnen und Kunden in Deutschland, Österreich und Schweden wissen: Wir stehen verlässlich und nachhaltig verantwortungsvoll an ihrer Seite.

Meine Vorstandskollegin, meine Vorstandskollegen und ich danken Ihnen, unseren Aktionärinnen und Aktionären, unseren Partnern sowie unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für Ihr Vertrauen im vergangenen Jahr. Wir freuen uns, dass Sie uns auf unserem Weg auch in Zukunft begleiten.

Bochum, im März 2020

Ihr

Rolf Buch
Vorsitzender des Vorstands

Rolf Buch (CEO) (Unterschrift)

Rolf Buch (CEO)

Fair Value (Zeit-/Verkehrswert)
Relevant ist der Fair Value insbesondere bei der Bewertung gemäß IAS 40 in Verbindung mit IFRS 13. Der Fair Value ist der Betrag, zu dem vertragswillige Parteien unter üblichen Marktbedingungen bereit wären, einen Vermögenswert zu erwerben.
Group FFO
Der Group FFO stellt die nachhaltige Ertragskraft des operativen Geschäfts dar. Neben den Adjusted EBITDAs der Segmente Rental, Value-add, Recurring Sales und Development werden im Group FFO die wiederkehrenden, laufenden Nettozinsaufwendungen aus originären Finanzinstrumenten sowie laufende Ertragsteuern berücksichtigt. Die Kennzahl wird nicht auf Basis einer besonderen internationalen Rechnungslegungsvorschrift ermittelt, sondern ist als Ergänzung zu den anderen gemäß IFRS ermittelten Ergebniskennzahlen zu sehen.
Instandhaltung
Instandhaltung umfasst die Maßnahmen, die erforderlich sind, während der Nutzungsdauer der Immobilie den bestimmungsgemäßen Gebrauch zu sichern und die durch Abnutzung, Alterung, Witterungseinwirkungen entstandenen baulichen und sonstigen Mängel zu beseitigen.
Mieteinnahmen
Mieteinnahmen sind der aktuelle Bruttoertrag für vermietete Wohneinheiten gemäß den jeweiligen Mietverträgen vor Abzug nicht übertragbarer Betriebskosten. In den Mieteinnahmen der österreichischen Immobilienbestände sind zusätzlich EVB-Beiträge (Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge) berücksichtigt. Die Mieteinnahmen der Bestände in Schweden stellen Inklusivmieten dar, das heißt, Betriebs- und Heizkosten sind den Mieteinnahmen enthalten.
Rating
Bei einem Rating werden Schuldner oder Wertpapiere hinsichtlich ihrer Kreditwürdigkeit oder Kreditqualität nach Bonitätsgraden eingestuft. Die Einstufung wird in der Regel von sogenannten Rating-Agenturen vorgenommen.