Gesellschaft und Beitrag zur Stadtentwicklung
Quartiersentwicklung und Beitrag zur Infrastruktur
GRI
Themen
Thematische Einordnung
In den vergangenen Jahren sind Quartiere zunehmend in den Fokus der Immobilienwirtschaft und der Stadtplanung gerückt. Lebensqualität wird vermehrt mit der Quartiersebene verknüpft. Die Menschen wollen sich in ihrer Umgebung wohlfühlen und mit ihrem Wohnort identifizieren. Ein ausgewogener Mix an Miet- und Eigentumswohnungen, die Einbindung von Kleingewerbe, attraktive Frei- und Gemeinschaftsflächen, die Verfügbarkeit von Nahversorgern, eine moderne Anbindung an die Verkehrsinfrastruktur, gute Bildungseinrichtungen sowie soziale und kulturelle Angebote: Das Zusammenspiel all dieser Faktoren fördert diversifizierte und lebendige Nachbarschaften – ein Aspekt, der auch für Mieter immer wichtiger wird. Auf diese Weise nimmt die Immobilienwirtschaft zudem an der Stadtentwicklung teil und kann ihre eigene Expertise aus dem direkten Kontakt mit den Mieter in die Gestaltungsprozesse einbringen.
In Quartieren treffen eine Vielzahl an Stakeholdern mit unterschiedlichen Interessen aufeinander, u. a. durch heterogene Eigentümer- und Mieterstrukturen. Um sich zu Hause fühlen zu können, möchten viele Menschen teilhaben an den Entscheidungen darüber, wie sich die Welt rund um ihre Wohnung gestaltet. Partizipationsmaßnahmen werden daher zunehmend wichtiger, um die Akzeptanz für die Quartiersentwicklung und die damit verbundenen, häufig langfristigen, Maßnahmen zu stärken. Unsere Erfahrung ist, dass durch Beteiligungsverfahren zudem noch bessere Ergebnisse erzielt werden können, indem neue bzw. andere Sichtweisen aufgenommen und in die Entscheidungsprozesse integriert werden. Gleichzeitig steigen die Komplexität und die Wahrscheinlichkeit, nicht alle Stakeholderwünsche gleichranging erfüllen zu können.
Der Fokus auf die Quartiersebene ermöglicht es, Stadtentwicklung gezielt an gesellschaftlichen und ökologischen Bedarfen orientiert auszurichten und Synergien zu schöpfen. Insbesondere zur Erreichung der Klimaschutzziele sind innovative Lösungen gefragt, die eine Vernetzung von Gebäuden ermöglichen. Aber auch soziale Kohäsion gelingt nur mit dem Blick vor die eigene Haustür – auf das Quartier.
Unser Ansatz
Vonovia bietet den Menschen in den Quartieren ein Zuhause. Hier sollen sie eine gute Nachbarschaft vorfinden, in der sie sich wohlfühlen und die verschiedene Generationen verbindet. Wir sind davon überzeugt, dass ein lebenswertes Quartier die Mieterbindung stärkt und den Wert der Immobilien steigert. 2020 haben wir vor diesem Hintergrund unsere Portfoliostruktur analysiert und dabei den Quartiersgedanken mit dem innovativen strategischen Ansatz B2Q (Business to Quartier) noch mehr in den Fokus gestellt mit dem Ziel, eine möglichst effiziente Bewirtschaftung sicherzustellen und die Bestandsqualität im Sinne unserer Kunden und unseres Unternehmens kontinuierlich verbessern zu können. Die Analyse hat uns gezeigt, dass sich der Wohnungsbestand von Vonovia in Deutschland zu über 70 % in Quartierszusammenhängen befindet. Das sind rund 600 Quartiere mit einer durchschnittlichen Anzahl von etwa 430 Wohnungen. Die Entwicklung dieser zusammenhängenden Wohnungsbestände bietet aus unserer Sicht viel Potenzial, baulich und gesellschaftlich gestaltend tätig zu werden und zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung beizutragen. Vonovia Quartiere werden dabei grundsätzlich an klaren Klimaschutzvorgaben (s. Abschnitt CO2-Reduktion im Immobilienbestand/Energetische Modernisierung) und Sozialverträglichkeit (s. Abschnitt Wohnen zu fairen Preisen) ausgerichtet.
Definition
„Das Quartier besitzt eine optisch zusammenhängende städtebauliche Struktur, es wird von den Bewohnern als abgrenzbares Gebiet aufgefasst und ist ein Handlungsraum, in dem das Wohnungsunternehmen etwas bewirken bzw. positive Effekte erfahren kann. Es umfasst mindestens 150 Wohnungen. Eine große Wohnsiedlung an sich kann ebenfalls ein Quartier beschreiben.“ (GdW)
Quartiersentwicklungen erfordern eine intensive Auseinandersetzung mit den örtlichen Gegebenheiten, d h. dem Charakter und der Mieterschaft des Quartiers. Dabei ist jedes Quartier individuell und von unterschiedlichen Voraussetzungen und Herausforderungen geprägt, z. B. von mangelnden Zugangsmöglichkeiten zu Bildung, dem Fehlen kultureller Einrichtungen oder von Besonderheiten des generationsübergreifenden Zusammenlebens. Daher eruieren wir für jedes Quartier individuelle Bedarfe aufseiten der Mieter, der Städte und unserer Partner und legen fest, welche Ziele wir erreichen wollen bzw. wie wir sie wirtschaftlich umsetzen können.
Daraus abgeleitet entwickeln wir eine abgestimmte quartiersspezifische Infrastruktur, die bauliche Gestaltung, Klimaschutz und soziales Angebot verbindet. Unsere Klimaschutzziele rücken erst über die systemische Quartiersbetrachtung in greifbare Nähe. Gerade hier bedarf es einer holistischen Betrachtungsweise, um Quartiere analog zu unserem Klimapfad zu entwickeln (s. Abschnitt CO2-Reduktion Immobilienbestand/Energetische Modernisierung). Diese Art der Quartiersbetrachtung eröffnet uns gänzlich neue Gestaltungsspielräume, bspw. für den Ausbau unseres Dienstleistungsangebots oder die Erprobung neuer Technologien wie der Sektorenkopplung (s. Abschnitt Erneuerbare Energien und Energiemix). Über Nachverdichtung und Dachgeschossaufstockungen schaffen wir neuen Wohnraum in Ballungsgebieten (s. Abschnitt Nachhaltiger Neubau und Umbau).
Wir übernehmen zudem Verantwortung für die Ausgestaltung unserer Quartiere. Dazu bauen wir die Infrastruktur den Bedürfnissen vor Ort entsprechend aus. Hierzu schaffen wir Raum für Nahversorger, medizinische Angebote oder Bildungsinstitutionen, für soziale Einrichtungen und Dienstleistungen ebenso wie für Kulturschaffende (s. Abschnitt Integration, Vielfalt und sozialer Zusammenhalt). Moderne Mobilitätsangebote wie die Schaffung einer Ladeinfrastruktur für E-Mobilität (s. Abschnitt Erneuerbare Energien und Energiemix), Carsharing-Konzepte oder der Ausbau von Stellplätzen für Fahrräder sind ebenfalls wichtiger Bestandteil einer Quartiersentwicklung, die von Beginn an mitgedacht werden. Zudem gestaltet Vonovia Wohnumfelder, Spielplätze und Grünflächen so, dass sie Teilhabe und urbanes Zusammenleben stärken, die Aufenthaltsqualität steigern und auch unter ökologischen Gesichtspunkten zukunftsfähig sind (s. Abschnitt Biodiversität).
konsequente
Ausrichtung
auf ganzheitliche Quartiersbetrachtung
Quartiersentwicklungen wollen wir grundsätzlich so umsetzen, dass die Akzeptanz von Baumaßnahmen und anderen Projekten steigt. In die damit verbundenen intensiven Abstimmungsprozesse binden wir daher unsere Mieter aktiv mit ein (s. Abschnitt Beteiligung und Partizipation). Wir kooperieren darüber hinaus mit Behörden sowie anderen städtischen und sozialen Einrichtungen und tauschen uns mit Vertretern aus der Politik aus. Über die Gespräche mit den beteiligten Akteuren sammeln wir Erfahrungen und lassen diese in unsere Konzepte einfließen. Nur wenn unsere Ideen und Konzepte von allen mitgetragen werden, können wir sie erfolgreich und im Sinne der Wertschöpfung umsetzen.
Organisatorische Verankerung
Quartiersentwicklungen werden dezentral über die Regionen geplant und gesteuert. Die Regionalgeschäftsführer für die Regionen West, Nord, Ost und Süd sind für die jeweiligen Projekte verantwortlich und setzen diese mit ihren Regionalbereichsleitungen um.
Der Chief Rental Officer (CRO) ist im Vorstand für das operative Geschäft verantwortlich. Für die Durchführung vor Ort setzen wir zunehmend eigene Quartiersentwickler ein. Dadurch können wir entstehende Sonderthemen bedarfsorientiert adressieren.
Die Beteiligungs- und Partizipationsformate werden ebenfalls von den Regionen verantwortet und gesteuert, ebenso das gesellschaftliche Engagement. Dieses wird durch zentral gesteuerte Förderansätze über die Unternehmenskommunikation ergänzt und qualitativ abgesichert.
Ziele und Maßnahmen
Unser Ziel ist es, bedarfsgerechten und lebenswerten Wohnraum zu schaffen. Dazu führen wir gemeinsam mit Städten und Kommunen Quartiersentwicklungsprojekte durch und initiieren jährlich weitere Projekte mit dem Ziel der Verbesserung der Infrastruktur, der Realisierung ganzheitlicher Energiekonzepte sowie städtebaulicher Thematiken.
Konkret bedeutet dies, dass wir je nach Bedarf:
- bezahlbaren Wohnraum durch Aufstockung, Nachverdichtung und Neubau schaffen,
- Modernisierungen sozialverträglich umsetzen,
- Bestände energetisch optimieren,
- das Wohnumfeld inkl. Erholungsräumen und Spielplätzen sowie ganzheitliche Mobilitätskonzepte integrativ denken und gestalten,
- Nahversorger (in Berlin sogar Einrichtung eines Wochenmarkts), Kitas, Ärzte sowie soziale und kulturelle Angebote integrieren,
- den Dialog mit Mieter und anderen Stakeholdern fördern, um Akzeptanz zu schaffen und Einflussnahme zu ermöglichen.
Diese komplexen Aufgaben erfordern Teamarbeit und ein umfangreiches innovatives Wissen. Daher hat Vonovia in Kooperation mit dem Europäischen Bildungszentrum der Wohnungswirtschaft und Immobilienwirtschaft (EBZ) in Bochum eine Quartiersakademie entworfen. Hier sollen unseren Mitarbeitende als zukünftige Verantwortliche für Quartiersentwicklungen in den Regionen über Module mit praxisnahen Fallstudien und Schulungsinhalten spezifische Kompetenzen und innovatives Know-how für die erfolgreiche und zukunftsorientierte Quartiersentwicklung vermittelt werden. Die Schulungsinhalte umfassen u. a.:
- Wissen über die Zusammensetzung von Quartieren,
- Akteure und ihre Rollen im Quartier,
- technische Lösungsansätze und zukünftige Entwicklungen,
- Kommunikation und Partizipation.
Die Quartiersakademie bildet künftig einen zentralen Baustein zur Umsetzung der Quartiersstrategie. Sie dient gleichzeitig dazu, Ideen, die aus der Quartiersakademie entstehen, ins Unternehmen zu tragen und somit zu einer Weiterentwicklung beizutragen.
Vonovia
Quartiers-
akademie
und Stiftungsprofessur eingerichtet
Das wissenschaftliche Fundament für das Thema Quartiersentwicklungen wird erweitert durch eine Professur, die Vonovia an der EBZ Business School – University of Applied Sciences in Bochum gestiftet hat. Mit Prof. Dr. Jan Üblacker tritt ein renommierter Stadtsoziologe und Sozialwissenschaftler die Stiftungsprofessur an, der die Quartiersebene fest in die Ausbildung der Studierenden am EBZ verankert.
In Österreich richten wir bei Bedarf ein begleitendes Quartiersmanagement ein, das sich im jeweiligen neuen Quartier so lange engagiert, bis die nachbarschaftlichen Strukturen sich gefestigt haben. Durch finanzielle Beiträge unterstützen wir zudem die soziale und technische Infrastruktur.
14
Quartiersentwicklungen mit rund
8.000 Wohneinheiten in Umsetzung
2020 befanden sich deutschlandweit 14 Quartiersentwicklungen mit ca. 8.000 Wohneinheiten in der operativen Umsetzung im Investitionsprogramm für Quartiersentwicklungen. Diese umfassen verschiedene zentrale Bausteine wie energetische Sanierungen, Neubauten sowie eine ansprechende Gestaltung des Wohnumfelds – flankiert von weiteren sozialen Angeboten, Dienstleistungen sowie städtebaulichen Themen und notwendigen infrastrukturellen Maßnahmen. Die Projekte laufen in der Regel über mehrere Jahre. 2020 investierte Vonovia 42,3 Mio. € in die 14 Quartiersentwicklungen.
Carsharing-
Standorte
in Berlin, Dieburg, Dresden,
Frankfurt am Main und Wien
Ein weiterer Aspekt der Quartiersentwicklungen ist die Förderung moderner Mobilitätskonzepte – bspw. für E-Mobilität, um unseren Kunden die Möglichkeit zu geben, durch E-Ladestationen auf ein Elektroauto umzusteigen oder durch Carsharing-Angebote sogar ganz auf das eigene Auto zu verzichten. Dies wirkt sich nicht nur positiv auf das Klima aus, sondern reduziert Kosten für unsere Kunden – und stärkt ihre Beziehung zu Vonovia. Unsere diesbezüglichen Maßnahmen umfassten 2020 u. a.
- die Reduzierung von PKW-Parkplätzen und die Einrichtung von Fahrradstellplätzen und Fahrradgaragen für E-Bikes,
- den Ausbau von Car- und Bikesharing-Angeboten (auch für E-Fahrzeuge),
- die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr,
- die Förderung von Elektromobilität, z. B. durch die Installation von Ladesäulen für PKW oder für E-Bikes.
Nach unseren internen Vorgaben sind bei Modernisierungen und Neubauten Vorrüstungen für E-Ladestationen zukünftig immer mitzudenken. Rund ein Drittel unserer 2020 fertiggestellten Neubauprojekte hat bereits E-Ladestationen. Auf jede neu gebaute Wohnung kommen derzeit durchschnittlich 1,7 Fahrradstellplätze und die nächste öffentliche Verkehrsanbindung ist im Schnitt in 3,4 Minuten zu Fuß zu erreichen.
Insbesondere bei den Quartiersentwicklungen von Vonovia spielt das Wohnumfeld eine wichtige Rolle. So können neue Grün- und Spielplatzflächen sowie die Gestaltung von kommunikativen Quartierszentren außerhalb der Gebäude echte Mehrwerte für die Mieter schaffen. Gerade in urbanen Umfeldern wird das Thema Erholungsräume ein zunehmend wichtiger Faktor für die Bewertung von Wohnqualität. Über Projekte, beispielsweise zur Etablierung von Gemeinschaftsgärten, leisten wir einen Beitrag, um die gesellschaftliche Entwicklung positiv voranzubringen. 2020 konnten wir an zahlreichen Orten Wildblumenwiesen und Insektenhabitate einrichten.
Geplant für 2021
- Fortführung der Segmentierung des Vonovia Portfolios in Quartiere und Entwicklung entsprechender weiterer Quartiersstrategien
- Plangerechte Fortführung (bzw. Abschluss) von Quartiersentwicklungen und Beginn weiterer, bereits geplanter Quartiersentwicklungen, z. B. in Bielefeld und Hannover
- rund 85 Mio. € Investitionsvolumen (Planwert) für Quartiersentwicklungen in Deutschland
- Aufnahme weiterer Projekte nach unserem systemischen Ansatz in die Planung, d h. unter Berücksichtigung unseres Klimapfades, der sozial-gesellschaftlichen Ziele und der Möglichkeiten für die Infrastruktur, Mobilität und Wohnumfeldgestaltung
- Inbetriebnahme Concierge-System in Dortmund-Westerfilde
- Weitere Etablierung der Vonovia Quartiersakademie und der Stiftungsprofessur
- Inbetriebnahme von 30 öffentlich zugänglichen Ladestationen für E-Mobilität sowie weiterer drei Carsharing-Standorte
- Umsetzung von Mieterwünschen für privat mietbare Wallboxen an angemieteten Stellplätzen