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Anmerkungen zum geplanten Berliner Mietengesetz
Hintergrund
Anfang Juni wurde ein Eckpunktepapier für ein Berliner Mietengesetz veröffentlicht. Darin wurden im Wesentlichen die folgenden Punkte festgehalten:
- Die Mieten für bestehende Mietverhältnisse und Neuvermietungen dürfen für fünf Jahre nicht erhöht werden.
- Es soll eine allgemeingültige Mietobergrenze definiert werden.
- Der Mietendeckel soll in ganz Berlin sowohl in laufenden Mietverhältnissen als auch bei der Wiedervermietung greifen. Ausgenommen sind nur Neubauten, sozial geförderte Wohnungen und wirtschaftliche Härtefälle.
- Modernisierungsumlagen, die eine Steigerung der Bruttowarmmiete von mehr als 0,50 € pro m2 monatlich bewirken würden, sollen künftig grundsätzlich einer Genehmigung bedürfen.
- Die behördlich zuständigen Stellen werden befugt, Vermietern eine zu hohe Miete zu untersagen und die Miete auf Antrag des Mieters auf die zulässige Höhe (Mietobergrenze) abzusenken.
- Verstöße gegen den Mietendeckel sollen mit Geldbußen (bis 500.000 €) geahndet werden.
Das Eckpunktepapier wurde vom Berliner Senat am 18. Juni 2019 beschlossen und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen ist mit der Ausarbeitung eines Gesetzentwurfes bis Ende August 2019 beauftragt worden. Nach aktueller Planung soll ein entsprechendes Gesetz am 11. Januar 2020 in Berlin in Kraft treten.
Problem und Lösung
Das geplante Berliner Mietengesetz ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass der Wohnungsmarkt in Berlin, wie auch in zahlreichen anderen Städten in Deutschland, gekennzeichnet ist durch eine steigende Nachfrage einerseits und ein zu geringes Angebot andererseits. Infolge dieses zunehmenden Ungleichgewichts steigen insbesondere die Neuvermietungsmieten. Viele Menschen haben die Sorge, dass sie sich steigende Mieten künftig nicht mehr leisten können und bei einem Wohnungswechsel keine geeignete Wohnung mehr finden.
Wir als Vonovia nehmen diese Sorgen sehr ernst und stellen uns der Verantwortung, bei geeigneten Lösungen aktiv mitzuwirken. Dabei bewegen wir uns mit einer Miete von durchschnittlich rund 6,68 € pro m2 im bezahlbaren Segment und sind keineswegs der Preistreiber. Wir führen auch keine Luxusmodernisierungen durch und sprechen keine Eigenbedarfskündigungen aus. Mit den in unserem Geschäftsverständnis (https://www.vonovia.de/geschaeftsverstaendnis) beschriebenen Maßnahmen gehen wir in vielen Fällen sogar über die gesetzlichen Anforderungen hinaus. Und mit der allein für das laufende Jahr geplanten Fertigstellung von 1.500 bis 2.000 neuen Mietwohnungen sind wir einer der größten Bauträger bundesweit.
Das geplante Berliner Mietengesetz läuft jedoch in eine völlig falsche Richtung. Es löst das eigentliche Problem von zu wenigen Wohnungen nicht, sondern verschlimmert es. Das Investitionsklima in Berlin wird sich weiter verschlechtern und die zukünftigen Neubauaktivitäten werden voraussichtlich zurückgehen. Darauf haben inzwischen selbst die städtischen Wohnungsgesellschaften in Berlin sowie die Genossenschaften hingewiesen.
Die tragfähige und nachhaltige Lösung des Problems besteht aber genau darin, mehr Wohnraum zu schaffen. Eine drastische Regulierung dieser Tragweite wird jedoch das Gegenteil bewirken und zudem dazu führen, dass sich die Gebäudesubstanz nicht verbessert, sondern tendenziell verschlechtert. Das widerspricht den Klimazielen und den erforderlichen CO2-Einsparungen ebenso wie den notwendigen Investitionen in den altersgerechten Umbau und den dringend benötigten Neubau von Wohnungen.
Rechtliche Einschätzung
Wir halten das geplante Gesetz, gemessen an den bisher bekannten Eckpunkten, für verfassungswidrig, denn dem Land Berlin fehlt die erforderliche Gesetzgebungskompetenz. Der Bund hat mit dem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelten Mietpreisrecht seine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für das Bürgerliche Recht abschließend ausgeübt. Es zeigt sich, dass der Bund diesen Bereich auch weiterhin selbst regeln will, da zuletzt jüngst im Mai vom Bundesjustizministerium ein Gesetzesentwurf zur Verschärfung der Mietpreisbremse vorgelegt wurde.
Des Weiteren wäre ein derartiges Gesetz eine Verletzung der Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) und dürfte gegen das von der Eigentumsgarantie erfasste Verbot der Verlustverursachung verstoßen. Darüber hinaus wäre es eine unverhältnismäßige Regelung: Das Gesetz ist nicht geeignet, Wohnraum für Einkommensschwache zu schaffen. Vermietet würde – bei Wohnungsknappheit – nach wie vor an den Zahlungskräftigeren. Dem Landesgesetzgeber stehen eine Fülle von alternativen, weniger in das Eigentumsrecht eingreifenden Instrumenten zur Verfügung (z. B. gezielte Maßnahmen zum beschleunigten Neubau bezahlbarer Wohnungen; gezielte Förderung einkommensschwacher Mietergruppen). Diese sogenannten „milderen Mittel“ müssen zuerst ausgeschöpft werden.
Trotz der verfassungsrechtlichen Bedenken gehen wir aktuell davon aus, dass das geplante Gesetz wie vom Senat vorgesehen voraussichtlich im Januar 2020 in Kraft treten wird. Inwieweit das ausformulierte Gesetz von den Eckpunkten abweichen könnte, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschätzen.
Keine wesentlichen Auswirkungen für Vonovia
Die finanziellen Auswirkungen eines Berliner Mietengesetzes auf Vonovia halten wir angesichts unseres vergleichsweise kleinen Portfolioanteils in Berlin (rund 10% des Gesamtportfolios) und aufgrund von Kompensationsmöglichkeiten durch Reallokation von Investitionsmitteln auf andere Standorte für gering. Nach aktueller Einschätzung sehen wir keinen Grund, unsere Geschäftserwartung oder unsere Strategie zu ändern.
Zudem schätzen wir das Risiko, dass andere Bundesländer dem Beispiel von Berlin folgen und versuchen, ähnlich restriktive Mietengesetze zu erlassen, als äußerst gering ein. Auf unserer Investor-Relations-Website haben wir unter https://investoren.vonovia.de/news eine detaillierte Einschätzung dazu veröffentlicht.
Wie geht es weiter?
Wir sind der Überzeugung, dass das vom Berliner Senat geplante Mietengesetz gegen die Verfassung verstößt. Eine juristische Auseinandersetzung ist aber aller Voraussicht nach erst nach Verkündung des Gesetzes möglich.
Neben dem Verwaltungs- oder Zivilrechtsverfahren wäre auch ein abstraktes Normenkontrollverfahren gegen das geplante Gesetz vor dem Verfassungsgerichtshof in Berlin möglich. Hierfür müsste der Senat oder (mindestens) ein Viertel des Berliner Abgeordnetenhauses einen Antrag auf Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes stellen. Eine weitere Möglichkeit wäre ein abstraktes Normenkontrollverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Hierfür müsste die Bundesregierung, eine Landesregierung oder (mindestens) ein Viertel der Mitglieder des Deutschen Bundestages einen entsprechenden Antrag stellen.