Halbjahresbericht 2019

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Deutschland

Im 1. Quartal 2019 zog laut dem Institut für Weltwirtschaft (IfW) die Wirtschaftsleistung mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,4% solide an. Der Anstieg ist vor allem auf die gestiegenen privaten Konsumausgaben zurückzuführen. Insgesamt bleibt aber nach Einschätzung des Instituts für Wirtschaftsforschung (ifo) das Konjunkturbild uneinheitlich. Das exportorientierte verarbeitende Gewerbe, das rund ein Viertel der Wertschöpfung erwirtschaftet, unterliegt den aktuellen Handelskonflikten, während hingegen der Dienstleistungssektor moderate und die Bauwirtschaft robuste Zuwächse verzeichnen können. Die konjunkturelle Grundtendenz zeigt sich auch in den Stimmungsindikatoren. Der ifo-Geschäftsklimaindex hat im Juni mit 97,4 Punkten den niedrigsten Wert seit November 2014 erreicht. Der Beschäftigungsaufbau hält zwar an, schwächt sich jedoch ab. Die Zahl der Erwerbstätigen hat nach Aussage des Statistischen Bundesamts (Destatis) im Mai um 468.000 gegenüber Mai 2018 zugenommen, was lediglich einem Plus von 1,0% entspricht. Die von der Bundesagentur für Arbeit veröffentlichte Arbeitslosenquote von 4,9% für Juni hat sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nur um 0,1 Prozentpunkte verringert. Wie Destatis mitteilt, hat die Inflationsrate in Deutschland – gemessen am Verbraucherpreisindex – im Juni 2019 um 1,6% zum Vorjahresmonat zugenommen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hält weiterhin an ihrer expansiven Geldpolitik fest. Seit März 2016 liegt der Hauptrefinanzierungssatz auf dem historischen Tiefstand von 0,0%. Dem EZB-Rat zufolge werden die europäischen Leitzinsen mindestens über die erste Hälfte des Jahres 2020 hinaus auf ihrem aktuellen Niedrigniveau bleiben, um dem Inflationsziel von unter, aber nahe 2% Rechnung zu tragen.

Insgesamt zeichnet sich laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) für das 2. Quartal ein leichter Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Leistung und eine Fortsetzung der zweigeteilten Entwicklung ab. Jedoch dürften die exportorientierten Industriebereiche ab der zweiten Jahreshälfte wieder auf einen gemäßigten Expansionskurs einschwenken. Die intakten binnenwirtschaftlichen Auftriebskräfte könnten sich wieder stärker durchsetzen. Allen voran wird der private Konsum vor dem Hintergrund der weiter steigenden Einkommen zulegen. Auch die Bauinvestitionen werden aufwärts gerichtet bleiben, was allerdings mit weiter kräftig steigenden Baupreisen einhergehen dürfte. Nichtsdestotrotz haben einige Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Prognosen im Juni nach unten angepasst. Das IfW und das ifo rechnen für 2019 noch mit einem BIP-Wachstum von 0,6% (Frühjahrsprognose: 1,0%), für 2020 wiederum mit 1,6% bzw. 1,7%. Auch die Bundesregierung hat ihre Prognose gesenkt und sieht für 2019 ein Wachstum von 0,5% (2020: 1,5%). Die Verbraucherpreise dürften im Durchschnitt des laufenden Jahres um 1,5% steigen, während sich diese 2020, im Einklang mit der besseren Konjunktur, auf 1,8% beschleunigen dürften. Die Risiken für die weltwirtschaftliche Entwicklung sind nach wie vor durch den Handelskonflikt zwischen den USA und China bestimmt und eine Eskalation ist nach dem Scheitern der Handelsgespräche wahrscheinlicher geworden. Eine Schwäche des Welthandels betrifft die international stark vernetzte deutsche Industrie dabei besonders. Des Weiteren ist der geplante Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union ein Risiko im Rahmen der Prognose. Die Haushaltslage Italiens stellt ebenfalls eine Unsicherheit dar. Wenn der Streit mit der Europäischen Kommission wieder aufflammen sollte, könnte dies negative Auswirkungen auf die ohnehin schwache konjunkturelle Dynamik Italiens und damit auf den Euro-Raum haben.

Nachfrage nach Wohnraum weiterhin hoch, Wohnungspolitik gewinnt an Gewicht

Auch in diesem Jahr ändert sich laut Deutsche Bank Research (DB Research) an dem bundesweiten Ungleichgewicht zwischen Wohnungsnachfrage und -angebot wenig. Die Bevölkerung wächst derzeit aufgrund der Nettozuwanderung und diese Entwicklung wird sich voraussichtlich noch einige Jahre fortsetzen. Darüber hinaus dürfte auch wegen der sehr guten Arbeitsmarktlage und niedriger Zinsen die Nachfrage nach Wohnraum weiterhin hoch bleiben. Gleichzeitig bleibt die Angebotselastizität laut DB Research wohl niedrig. Allerdings sind die Wohnungsmärkte nicht flächendeckend angespannt. Während wachsende Städte und Regionen eine stark wachsende Nachfrage mit Wohnungsengpässen erleben, sind laut BBSR (Bundesinstitut für Bau-, Stadt-und Raumforschung) andere Städte und vielfach ländliche Regionen durch Bevölkerungsverluste geprägt. Im 1. Halbjahr 2019 stiegen die Immobilienpreise insgesamt weiter an, berichtet das Forschungs- und Beratungsinstitut empirica nach Auswertung ihrer Preisdatenbank. Bundesweit nahm der empirica-Immobilienpreisindex für Mietpreise im Durchschnitt aller Baujahre im 2. Quartal 2019 gegenüber dem Vorjahresquartal um 3,6% (Neubau 3,1%) zu. Die Experten von F+B bestätigen, dass die Neuvermietungsmieten im 2. Quartal 2019 höher als im Vorjahresquartal liegen, beobachten aber im 1. Halbjahr 2019 einen Trend von leicht sinkenden bzw. stagnierenden Angebotsmieten. Gleichzeitig steigen aber die Bestandsmieten weiter an. Die Zuwächse bei Angebotspreisen für Eigentumswohnungen fielen erneut stärker als bei den Mieten aus. Der empirica Preisindex für Eigentumswohnungen (alle Baujahre) stieg im 2. Quartal 2019 gegenüber dem Vorjahresquartal um 9,4% (Neubau 7,0%). Die Experten von DB Research erwarten für das Jahr 2019 einen Anstieg der Preise und Mieten und folglich niedrigere Mietrenditen, doch dürfte die Preisdynamik gegenüber dem Vorjahr etwas nachlassen. Der Deutsche Mieterbund rechnet für 2019 mit einem Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete in den Städten von 3 bis 5%. Die Preise für selbstgenutztes Wohneigentum werden sich nach Schätzungen des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) im Durchschnitt aller Kreise Deutschlands um etwa 5,5% verteuern.

Die Bautätigkeit bleibt weiter hinter dem Wohnungsbedarf zurück. Im Jahr 2018 wurden laut Destatis in Deutschland 285.900 Wohnungen fertiggestellt, das waren nur 0,4% mehr als im Vorjahr. Die jährliche Wohnraumnachfrage liegt laut DB Research bei mindestens 350.000 Wohnungen. Wegen fehlenden Baulandes und des zunehmend bedeutsameren Fachkräftemangels dürfte eine schnelle Ausweitung der Fertigstellungen ausbleiben. Insgesamt fehlen inzwischen mehr als eine Million Wohnungen, insbesondere in den Groß- und Metropolstädten. Laut DB Research dürfte erst im Jahr 2022 das zusätzliche jährliche Angebot die zusätzliche jährliche Wohnraumnachfrage übersteigen. Da das Zyklusende des Immobilienbooms noch einige Jahre in der Zukunft liegen dürfte, hat nach Einschätzung von DB Research das Risiko einer Blasenbildung im aktuellen Zyklus deutlich zugenommen. Der empirica-Blasenindex für Deutschland zeigt für 229 von 401 Landkreisen und kreisfreien Städten eine mäßige bis hohe Gefahr.

Die Investorennachfrage nach Wohnimmobilien in Deutschland dürfte insbesondere von Seiten risikoaverser deutscher Investoren hoch bleiben. Der geplante Mietendeckel könnte das Investitionsklima in Berlin jedoch eintrüben.

Vor dem Hintergrund von Wohnungsknappheit, Miet- und Preisanstiegen wird die Wohnungspolitik zu einem der drängendsten politischen Themen. Seit Januar 2019 gilt das Mietrechtsanpassungsgesetz, welches mehr Transparenz bei der Mietpreisbremse sowie die Begrenzung und Vereinfachung der Modernisierungsumlage schaffen soll. Der Gesetzesentwurf zur Einführung einer Sonderabschreibung für Mietwohnungsbau hat im Juni 2019 den Bundesrat passiert. Weitere Gesetzesvorhaben mit Relevanz für die Immobilienbranche sind z. B. eine diskutierte erneute Verschärfung der Mietpreisbremse, die um fünf Jahre über 2020 hinaus ausgedehnt werden soll, die beabsichtigte Änderung der Grunderwerbsteuer, mit der Share-Deals unattraktiver werden sollen, und der geplante Berliner Mietendeckel für fünf Jahre.